Wieder entführt mich
Made in die Tiefen des balinsischen Hinduismus. Tempeldance im
Nachbarort. Wieder werde ich angstarrt, als wär ich von einem
anderen Planeten: weiße Haut, traditionelle Kleidung, die Kamera
abschussbereit und zwischendrin immer mal ne schnelle Zigartette und
ein Bier. Frei nach dem Motto: Hat man sich erst mal blamiert, lebts
sich völlig ungeniert. Aber gleichzeitig begegnet mir Lächeln und
Interesse. Und wer mich noch nicht gesehen hat, als ich die Unmengen
an Opfergaben bewundert habe, der hat spätestens zu Beginn des
Tanzes bemerkt, dass da was Fremdes hockt, denn die
„Ellebogen-Stubser-Guck-mal-wer-da-sitzt“ gehen reihum. Ich bin
froh Made an meiner Seite zu haben und habe ich mich kurz vorher noch
für mein Outfit geschämt, so könnt ich ihn jetzt Knutschen für
Hartnäckigkeit mir diese Verkleidung zu verpassen. Ich hätte mich
gefühlt wie unverkleidet am Rosenmontagszug in Kölle. Nein, wie
Skianzug in der Sauna. Nein, wie Tourist auf Tempelfest. NoGo!
Die Musik macht mir
nichts mehr, sie ist Teil dessen und das ist herrlich so. Die Tänze
sind abgeschlossene kleine Geschichten, jede mit berauschenderen
Kostümen als zuvor, die mir Made zwischendurch erklärt:
„This is dog upside
down“
„?????“
„Look, he´s doing like
a dog, that licks his as.“
Gröhl!!! Dieser
beeindruckende Barongtanz, mit des Tempels heiligstem Kostüm und
Reliquie spielt tatsächlich „Leck dich am Arsch“ im Tempel. Ein
Wunder, dass sich die Männer nicht alle am sack kraulen. Ha und
jetzt kommt ein Affe dazu, der den Barong entlaust. Verstehe,
Entlausen ist hier schon salonfähig, die Damen der Gesellschaft
sitzen immer mal gemütlich zusammen und zelebrieren das.
Es folgt ein Kampf
zwischen Gottheiten, bei denen das Publikum auseinander flieht, weil
die Tänzer in ihrer Massenschlacht verheerend viel Platz brauchen
und zudem so authentisch wirken wie auf einer eskalierten Großdemo.
Die Krönung aber ist
noch nicht mal der fingierte Streit zwischen Mutter und Tochter, was
fast Hip Hop Elemente hatte, wegen dem gesprochnen Text, sondern die
Comedy Einlage danach. Dackelt da glatt der indonesische Dirk Bach im
Zwergenkostüm auf den Tempelhof und zieht über Gott und die Welt
her. Ich versteh nichts, aber es ist herrlich die Lachsalven der
Gläubigen durch die Nacht schallen zu hören. Das tut gut, denn es
ist mittlerweile zwei Uhr und da kann man schon mal müde werden.
Scheiße, sein Blick
leibt an mir hängen. „Ha, a white face ... brabbelbrabbel“
Gröhlen in der Menge.
Ich hasse Mitmachtheater.
Zu spät. Ich bin
mittendrin und jetzt hift auch kein vorgetäuschter Klogang mehr.
Made zündet sich eine
Kippe an. Der scheint zu wissen was jetzt kommt. In Gedanken rauch
ich mit und wünschte ich würde verstehen.
„Where are you from?“
„Germany“
„Ramani?“ - Er
verfälscht das Wort so, dass die ganze Menge wieder gröhlt. Hut ab.
Improvisatonscomedy vom feinsten. In Deutschland wäre das TV-reif
und er würde reich werden. Hier stehen nur die Götter in seiner
Schuld.
Mir ist schleierhaft, was
er alles aus dem Wort rausholt, aber das Lachen nimmt kein Ende,
einige seiner Worte und es schwillt wieder an während hunderte von
Augenpaaren jetzt aus Belustigung nicht mehr aus verstohlener Neugier
auf mir liegen. Er tut dem Publikum einen Gefallen und bringt mich
denen schneller näher als mir eigentlich lieb ist. Aber den Preis
zahl ich gerne.
AAAAAA- Da kommt die
nächste Witzfigur auf die Bühne. Eine knuddelige Variante von Edgar
mit den Scherenhänden liefert Nachschub im gemeinsamen Herziehen.
Ich hoffe ich wirke noch entspannt genug. Oh my Shiva, ich komm
wieder mit ins Boot.
„What´s your name?“
„Kirsten“
witzelfrötzelmachsichlustig.
Made raucht bereits die
zweite Kippe. Diese Menge an Mittelpunkt ist ihm dann doch zu viel?
Mir auch und zudem macht mich mein indonesisches Sprachvakuum grad
hilflos und fertig.
„WHAT?“
„Kirsten“
Handbewegung und drei
Silben reichen aus, um das Publikum in Wallung zu bringen
„christi?
Blabrabbelblub“, gröhlendes Lachen und der Kerl legt trotz
Übergewicht und Igelfrisur einen Purzelbaum hin.
„Where are you from?“
Jetzt kein Wiederholungen
bitte, das nervt.
„Germany“
„No - city“
„Cologne“
„Ah – Podolski“
und wieder wendet er sich an die Menge. Sach mal???? Ich hadere mit
meinem Bildungsniveau – kenne ich einen indonesischen Fußballer?
Oder gar den Präsidenten? Vielleich wenigstens die Anzahl der
Inseln? Nix. Außerdem muss ich mein Weltbild erneut überarbeiten
und mir ernsthaft die Frage stellen ob hier Shiva geehrt wird, eine
neue Rubrik im KickerMagazin entworfen wird oder eine neue
Aufzeichnung von Comedy Indonesia mit versteckter Kamera läuft?
Egal, die Leute freun
sich und dann... dann sendet Shiva die Erlösung, um die ich gebeten
hab. Es fängt es in Strömen an zu regnen, dass die meißten
Zuschauer schlagartig fliehen und ich scheine zwangsläufig entlassen
zu sein. Endlich einmal bin ich dankbar für Regen, denn wir haben
nach zwei Uhr, ich sitze nahezu nahtlos im Schneidersitz auf dem
Boden und der Weg zurück ist lang..
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